Landwirtschaft nachhaltig gestalten
Fazit einer Unterredung von Lëtzebuerger Landjugend an Jongbaueren, Oekozenter Pafendall und Plattform solidaresch Landwirtschaft mit Landwirtschaftsminister R. Schneider
Verantwortliche der „Lëtzebuerger Landjugend an Jongbaueren“ und „Oekozenter Pafendall“ sowie Vertreter der Plattform „solidaresch Landwirtschaft“ wurden am 17. Juli vom Landwirtschaftsminister Romain Schneider empfangen.
Ziel dieses Besuches war es, dem Ministerium allgemeine politische Diskussionspunkte sowie spezifische Regelungen bezüglich der solidarischen Landwirtschaft zu unterbreiten.
Zur Erläuterung: Was hat es mit der solidarischen Landwirtschaft, kurz Solawi, auf sich? Es handelt sich um eine alternative Vermarktungsform in der Landwirtschaft. Hauptmerkmale einer Solawi sind die Vorfinanzierung einer kompletten Ernte/Produktion durch den Konsumenten an den Landwirt. Es gilt das Solidaritätsprinzip, denn durch die Vorfinanzierung wird das Risiko geteilt.
Eine Solawi kommt somit ohne Zwischenhandel aus und die Produktionsweise wird gemeinsam, vom Konsument und Landwirt, definiert. Dies bietet dem Landwirt Sicherheit und der Konsument erhält gesunde, regionale und saisonale Lebensmittel. Man kann sagen, es wird nicht das Lebensmittel bezahlt, sondern die Arbeit des Landwirts und die Ausrichtung der Produktion. Weiter verhilft dieses Modell zu mehr Vielfalt auf den Höfen, fördert kleine Familienbetriebe und führt zu einer höheren Diversität in der Kulturlandschaft.
Im Gespräch mit Minister R. Schneider wurden Hürden, die bei der Gründung einer Solawi auftreten, behandelt und mögliche Lösungsvorschläge diskutiert. Kernthemen waren die Aktivierung des Artikel 35 (Kooperation) aus der ELER-Verordnung*, eine Anpassung des Standardoutputs** für kleinstrukturierte Betriebe und die Verteilung von Fleisch ab Hof. Bei diesen und allen weiteren wichtigen Punkten (Ausbildung, Investitionsbeihilfe, Einkommensunterstützung) wurde sich darauf geeinigt, in einer Arbeitsgruppe mit Vertretern aller Beteiligten, schnellstmöglich nach konkreten Lösungen zu suchen.
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung war der Einsatz von Kompost aus Grünschnitt in der Landwirtschaft, der über die Nitrat-Direktive (Umweltministerium) geregelt ist. Kompost sollte als Bodenverbesserer angesehen werden, um ihn mit seiner geringen Stickstofffreigabe breiter im Gemüsebau einsetzen zu können.
Die „Gemeinwohlprämie“ für landwirtschaftliche Betriebe, die im Koalitionsabkommen verankert ist, wurde auch debattiert. Leider sind diesbezüglich, zum jetzigen Zeitpunkt, noch keine Einzelheiten in Erfahrung zu bringen.
Abschließend wurde das Mercusor***-Freihandelsabkommen, durch das die größte Freihandelszone der Welt entsteht, thematisiert. Dieses Abkommen, zwischen der EU und den Mercusor-Staaten, steht für einen regelbasierten Handel. Seitens der ökologischen Landwirtschaftsberatung wurde auf die Gefahren aufmerksam gemacht, die so ein Freihandelsabkommen sowohl für die heimische Landwirtschaft als auch für die Natur und Umwelt in den Mercusor Ländern sowie für die Ziele des Pariser Klima-Abkommen mit sich bringt. Minister R. Schneider teilte diese Einschätzung und hat diese entsprechend auf EU-Ebene zum Ausdruck gebracht. Die Kritiken würden ebenfalls für die Lebensmittelsicherheit, die sozialen Arbeitsbedingungen und das Tierwohl in den südamerikanischen Ländern gelten.
*Artikel 35 der ELER-Verordnung: ELER steht für „Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“. Der Artikel 35, der die Zusammenarbeit fördert, setzt sich aus mehreren Schwerpunkten zusammen. Folgender Ansatz ist für die Solawi interessant: die horizontale und vertikale Zusammenarbeit zwischen Akteuren der Versorgungskette zur Schaffung und Entwicklung kurzer Versorgungsketten und lokaler Märkte.
** Standardoutput ist der durchschnittliche Verkaufserlös/ha einer bestimmten Kultur, die in der EU anhand von jährlich angepassten Marktpreisen und Durchschnittserträgen errechnet wird. Dieser hilft dem gemeinschaftlichen Klassifizierungssystem der landwirtschaftlichen Betriebe, diese nach betriebswirtschaftlicher Ausrichtung und wirtschaftlicher Betriebsgröße einzugliedern.
Für die Solawi-Betriebe ist dieser Wert deshalb von Bedeutung, da ein Standardoutput von 75 000€ erreicht werden muss, um als Vollerwerbsbetrieb zu gelten. Die Zahl von 75 000€ rührt daher, dass diese mit einem jährlichen Mindesteinkommen gleichzustellen ist. Der Standardoutput wird theoretisch in den kleinflächigen Solawi-Betrieben von unter 1 ha nicht erreicht, in der Praxis aber mehr als deutlich erwirtschaftet.
*** Mercusor: Gemeinsamer Markt Südamerikas. Mitgliedsländer: Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay. Assoziierte Mitglieder: Bolivien (Integrationsprozess), Chile, Peru, Kolumbien und Ecuador.