Erfolgreiche Auftaktveranstaltung für die Gründung einer Solawi
Am Donnerstag, den 16. März fand die Auftaktveranstaltung zum Gründungsprozess einer Solawi-Initiative für die LEADER-Region Atert-Wark statt. Rund 60 Zuhörer, darunter viele Landwirte und Lebensmittelproduzenten, kamen nach Niederpallen ins „Zärenhaus“, um sich über das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft zu informieren und eventuell in die Arbeitsgruppe SOLAWA einzutragen.
Wachsen und weichen…?
Im einleitenden Vortrag wies Severin Boonen, Landwirt und Präsident der Kooperative „Vun der Atert“, auf den anhaltenden Verlust landwirtschaftlicher Betriebe hin. Diese unterliegen einem starken Wachstumsdruck, um auf dem freien und immer globaler werdenden Markt bestehen zu können. Selbst jene, die bereit für diesen Wettbewerb sind, werden oft von der Wachstumsgeschwindigkeit eingeholt und müssen ihren Beruf aufgeben: In Luxemburg fast ein Betrieb alle 2 Wochen. Wachsen und weichen – keine Entscheidungsfrage mehr, sondern ein fatalistischer Imperativ, der sich bereits über Jahre in der Landwirtschaft fortsetzt.
Eine Alternative zu jenem Credo zeigen in ganz Europa Projekte der solidarischen Landwirtschaft (CSA im englisch- und AMAP im französischsprachigen Raum) auf. Dabei verpflichtet sich eine Konsumentengruppe für ein Jahr zur Abnahme der Produkte eines Hofes. Sie finanzieren über einen jährlichen Beitrag die Produktion, stehen in direktem Kontakt mit dem Erzeuger und können an speziellen Tagen auf dem Hof mithelfen. Zu einem solchen Projekt entschied sich auch das junge Paar Martin und Steffi Schulze Schleithoff, als sie nach ihrem Studium den Lindenhof in Gelsenkirchen übernahmen. Als sie die Idee in ihrer Region ankündigten, stießen sie auf großes Interesse in der Bevölkerung, und ein erster Informationstag zog mehr als 150 Interessierte auf ihren Hof. Beide waren gekommen, um den Anwesenden ihre Erfahrungen zu schildern.
Beispiel einer Solawi: der Lindenhof
Was auf dem Flyer des Lindenhofs aus Gelsenkirchen steht, klingt nicht gerade wie die beste Werbekampagne: „Anders als im Supermarkt ist die Produktpalette saisonal limitiert. Im Sommer gibt es nahezu alles, im Winter ist das Angebot weniger bunt“. Trotzdem konnte das junge Paar Schulze Schleithoff über 100 Menschen von ihrem Projekt begeistern und für sich gewinnen. Vielleicht war es auch der nachstehende Satz, der überzeugte: „Dafür bekommen die Mitglieder etwas anderes, ungleich Wertvolleres: Das Wissen woher ihre Lebensmittel stammen und wie sie erzeugt wurden“.
Mitglieder der Solawi des Lindenhofs verpflichten sich, während einem Jahr die Produkte abzunehmen. Wöchentlich gibt es Anteile frisches Gemüse, Fleisch und Eier. Der Gemüseanteil ist ausgelegt auf die Vollversorgung einer Person. 2016 wurden für die insgesamt 60 Fleischanteile 3 Bullen und 12 Schweine geschlachtet (32 kg/Jahr). Ein Metzger verteilt dabei gleichwertige Fleischstücke. Lebensmittelabfälle gibt es beim Verschnitt somit nicht. Die 3 Anteile sind dabei für jedes Mitglied frei wählbar.
Arbeitsgruppe SOLAWA – solidarische Landwirtschaft für die Region Atert-Wark
Modelle solidarischer Landwirtschaft unterscheiden sich je nach Region, Einwohnern, der Betriebsstruktur der Höfe, den Produzenten und vielen anderen Faktoren. Kurz gefasst : Solawi-Modelle sind so vielseitig wie die Landwirtschaft selbst. Im Rahmen des LEADER-Projektes SOLAWA – solidarische Landwirtschaft für die Region Atert-Wark – haben sich viele Interessierte während der Auftaktveranstaltung für die neue Arbeitsgruppe eingetragen. Diese wird sich in den kommenden Monaten mit der Ausarbeitung eines nach den spezifischen Bedürfnissen ausgerichteten Solawi-Projektes befassen und soll Konsumenten und Produzenten der Region zusammenbringen. Die Ekologesch Landwirtschaftberodung des Oekozenter Pafendall und der Lëtzebuerger Landjugend a Jongbaueren übernimmt dabei die Prozessmoderation und wird beratend zur Seite stehen.
Die Projektgruppe beginnt ihre Arbeit Anfang April mit einer Fachexkursion nach Frankreich, Süddeutschland und in die Schweiz zwecks einer Besichtigung der Gemeinde Ungersheim, des Birsmattehofs bei Basel, der Solawi Gartencoop in Freiburg und der Regionalwert AG in Emmendingen.