Besser anbauen statt mehr
Bio-intensive Landwirtschaft mit Jean-Martin Fortier aus Kanada
Ausflug zu Seminar über kleinräumigen Gemüseanbau und solidarischer Landwirtschaft mit der „Ekologesch Landwirtschaftsberodung“ im Rahmen des Projektes „Solidaresch Landwirtschaft“
„Die Massenproduktion durch die Produktion der Massen ersetzen“, so das Credo von Jean-Martin Fortier. Damit bricht er in seinem Vortrag, leidenschaftlich und motivierend, eine Lanze für die kleinstrukturierte Landwirtschaft, als Landwirtschaft der Zukunft. Seit 2005 baut er in St. Armand in Québec Gemüse an. Zentrales Element seines Anbausystems: kein Traktor und sehr geringer technischer und maschineller Aufwand. Dadurch hat er geringe Investitionskosten, die ihm eine Produktion ohne Druck erlauben. Diese arbeitsintensive Methode hat aber auch zur Folge, – dies ist natürlich gewollt – auf begrenzter Fläche produzieren zu müssen und seinen Absatz nicht durch Quantität alleine zu generieren. Durch hohe Pflanzdichte und minimales Eingreifen in die Bodenstruktur baut er ein lebendiges Bodengefüge mit hoher Fruchtbarkeit auf. Auf chemische Düngung und Pflanzenschutz kann und will er komplett verzichten. Gedüngt wird vor allem mit Kompost. Den Anteil an Kohlenstoff in seinem Boden konnte er so um 10 % steigern.
Sein System, das mittlerweile viele Junglandwirte und Gärtner sowohl in Übersee als auch in Europa inspiriert hat, funktioniert: Während der Saison arbeiten auf seinem Hof „Les Jardins de la Grelinette“ 4 Auszubildende neben 2 Festangestellten. Auf einer Fläche von lediglich 1 ½ acre (0,6 ha) erwirtschaftet er einen Umsatz von 150.000 Dollar mit einer Gewinnmarge von 45 %.
J.M. Fortiers Anbauweise und Produktion ist ungeeignet für den Vermarktungsweg über Großabnehmer. Dafür ist die Vielfalt zu groß, bzw. die Mengen der einzelnen Gemüsesorten zu klein. „Les Jardins de la Grelinette“ setzen auf Frische als Hauptverkaufsargument. „Stack high, watch it fly“ steht unter einem Foto während des Vortrags geschrieben – den Markttisch vollgepackt mit frischem Gemüse, häufig mit frischem Grün. Die Betreiber vermarkten ihr Gemüse direkt an den Konsumenten, was auch mehr für den Produzenten abwirft: auf dem Markt (2-mal pro Woche) und über das System der solidarischen Landwirtschaft. Dieses System, in dem sich Konsumenten über ein Abonnement für eine ganze Anbausaison (in Québec sind dies 21 Wochen) engagieren und vom Produzenten jede Woche einen Anteil an frischen Produkten erhalten, war und ist ein zentrales Element des Betriebes. 120 Abonnenten garantieren ihm nicht nur eine gesicherte Einkommensquelle, sondern ermöglichen eine echte Gemeinschaft, um seinen Betrieb aufzubauen, ohne seine Autonomie abgeben zu müssen. Märkte in seiner Gegend haben sich auch durch sein Zutun in den letzten Jahren verändert: Anfangs noch alleine mit einem improvisierten Stand, haben sich in seiner Gegend die Farmers Markets, also Bauernmärkten, mittlerweile als feste Treffpunkte kleiner Produzenten etabliert.
130 vor allem junge Praktiker nahmen an dem Seminar in Fulda teil. Unter Ihnen die Ekologesch Landwirtschaftsberodung mit einer Gruppe von Landwirten und Gärtnern. Die gute Stimmung, der fachliche Austausch im Anschluss des Vortrags, aber vor allem auch die gezeigten Bilder des Lebenswegs eines noch jungen Marktgärtners waren es, die zum Weiterdenken – und ja – auch zum Träumen inspirierten. Auch diese gesunde Naivität war ein Erfolgsfaktor von J.M. Fortier.
Einen ähnlichen Vortrag von Jean-Martin Fortier gibt es auf youtube, wie auch viele weitere Videos zu seinen Anbaumethoden: www.youtube.com/watch?v=0hBUOdv2vn8&pbjreload=10
Sein Buch „Le jardinier maraîcher“ liegt in der oekobib mediathéik des Oekozenter Pafendall zur Ausleihe. Permalink