Weiterbildung

Impulser fir de „Lëtzebuerger Aktiounsplang Pestiziden“

Im Rahmen der Überarbeitung des luxemburgischen „Aktionsplans Pestizide“ organisierte die „Ekologesch Landwirtschaftsberodung“ des Oekozenter Pafendall am Donnerstag, dem 12. März eine Fachveranstaltung unter dem Titel: „Impulser fir de Lëtzebuerger Aktiounsplang Pestiziden – Praktikabel Moossname fir d‘Landwirtschaft am Respekt vun Ëmwelt a Gesondheet.“ Verwaltungsvertreter, Berater, Naturwissenschaftler, Bauern, Schüler und Lehrer: Ein gemischtes und breites Publikum von ca. 90 Teilnehmern fand im Festsaal des LTA in Ettelbrück zusammen. Drei Referenten präsentierten Hintergründe, Maßnahmen und Best-Practice-Beispiele unserer Nachbarländer Deutschland und Frankreich aus Forschung und Praxis der jeweiligen nationalen Aktionspläne:

Anforderungen an einen dauerhaft umweltgerechten Pflanzenschutz

Über die Notwendigkeit nationaler Aktionspläne und eines nachhaltigen Pflanzenschutzes aus Umweltsicht referierte Dr. Tobias Frische, Ökotoxikologe des Umweltbundesamts. Das Programm für einen nachhaltigen Pflanzenschutz, das Dr. Frische vorstellte, beinhaltete folgende 5 Punkte:

  1. Einsatz minimieren,
  2. Risiken identifizieren, quantifizieren und kommunizieren,
  3. Risikomanagement optimieren,
  4. Unvermeidbare Auswirkungen kompensieren,
  5. Externe Kosten internalisieren.

Das Produktionssystem der konventionellen Landwirtschaft ist abhängig von chemischen Pflanzenschutzmitteln. Zur Risikoreduzierung gilt es in erster Hinsicht das sogenannte notwendige Maß des Pestizidaufwandes zu minimieren. Er machte deutlich, dass es sich bei chemischen Pflanzenschutzmitteln immer um eine Risikotechnologie handelt, mit Gefahren sowohl für die biotische (Flora & Fauna) als auch für die abiotische (Trinkwasser) Umwelt. Sinnvolle Entscheidungen der Politik und des Konsumenten können nur durch ein Plus an Transparenz getroffen werden. Informationen zu Pestizidbehandlungen bei der Herstellung einzelner Produkte sollten dem Konsumenten bekannt und ggf. am Preis ersichtlich sein. Denn die Kosten zur Schadenskompensation und zur Risikominimierung des Pestizidaufwandes trägt zurzeit die gesamte Gesellschaft. Dieser monetäre Schaden sollte unbedingt von einer unabhängigen Stelle transparent in einer Nutzen-Kosten-Analyse dargestellt werden, so die Forderung von Dr. Frische.

Kennziffern und Leitlinien – der nationale Aktionsplan in Deutschland

Unter dem Titel Nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) in Deutschland – Sachstand und Kritik, stellte Agrarwissenschaftler Dr. Daniel Neuhoff (Uni Bonn) kurz die Ziele des deutschen Aktionsplans vor, um dann darauf einzugehen, wie aus seiner Sicht Pestizidaufwandmengen reduziert werden können. Wege zu einer dauerhaften Minimierung sieht er v.a. in der verstärkten finanziellen Förderung von Produktionssystemen, die weniger oder keine Pflanzenschutzmittel benötigen, wie der ökologische Landbau oder die integrierte Produktion. Aspekte einer integrierten Produktion müssten in dem Fall überprüfbar werden, wie es in der Biolandwirtschaft bereits der Fall ist. Deshalb wird in Deutschland zurzeit an kulturartenspezifischen Leitlinien und Kennziffern zur Umsetzung des integrierten Pflanzenbaus gearbeitet. Agronomische Mittel, allen voran eine durchdachte Fruchtfolgegestaltung, müssten wieder verstärkt als vorbeugende Maßnahme in Betracht gezogen werden. Luxemburgische Anbauzahlen bestätigen, dass enge, auf Winterungen ausgelegte Fruchtfolgen – ein Umstand der die Unkrautflora fördert – auf den Äckern vorherrschen. Er plädierte für die Erforschung von alternativen Maßnahmen. Maßnahmen die wirksam, bewährt und wirtschaftlich sind, müssten unbedingt Verbreitung finden. Zur Risikoabsicherung müssen Landwirte, die neue Maßnahmen ergreifen, angemessen honoriert werden.

Plan écophyto 2018 – eine partizipative Herangehensweise

Pascaline Pierson, Mitarbeiterin des französischen ARVALIS Instituts und Expertin der Koordinierungsstelle des Demonstrationsbetriebsnetzwerks „réseau DEPHY Ferme“, stellte den französischen Aktionsplan „plan écophyto 2018“ vor. Durch diesen wird das 2008 festgelegte Ziel einer 50-prozentigen Pestizidreduzierung bis zum Jahr 2018 voraussichtlich nicht erfüllt. Trotzdem konnten seit 2009 im „réseau DEPHY Ferme“ Erfolge festgestellt werden (12 % weniger Pestizidbehandlungen). Berater und Landwirte dieses Netzwerkes suchen in regionalen Arbeitsgruppen gemeinsam nach geeigneten Maßnahmen zur Pestizidreduktion in sogenannten Kultursystemen. Ein Kultursystem definiert sich dabei durch eine bestimmte Fruchtfolge und die technischen Maßnahmen während dem Anbau der einzelnen Kulturarten. Diese Vorgehensweise ermöglicht den erleichterten Austausch von Einsparungsmaßnahmen zwischen Landwirten mit gleichen Kultursystemen. Stellschrauben eines Kultursystems werden in regionalen Praxishandbüchern (guides pratiques) und im Internet veröffentlicht und verbreitet. Dieser partizipative Ansatz ist ohne Zweifel einer der Gründe für die große Anzahl an teilnehmenden Landwirten und deren Motivation nach innovativen Lösungen zu suchen.

„Integrierte“ landwirtschaftliche Beratung – ein Lösungsansatz?

Bei der anschließenden Diskussionsrunde mit dem Staatssekretär Camille Gira und dem Direktor der Ackerbauverwaltung Léon Wietor, sowie der drei Referenten war man sich einig, dass eine Risikominimierung auch durch eine Verringerung des Einsatzes erreicht werden muss. So versicherte ASTA Direktor Léon Wietor, dass neue Methoden der mechanischen Unkrautbekämpfung bereits erprobt würden. Er sieht den nationalen Aktionsplan als fortlaufendes Projekt, dessen Inhalt, Ziele und Maßnahmen im Laufe der Jahre weiter ausgebaut und konkretisiert werden. Verlässliche Zahlen zur Pestizidaufwandmenge liegen aktuell nämlich noch nicht vor, was die Definition von Reduktionszielen schwierig gestaltet. Obwohl für Herrn Gira mehr das Endergebnis von fachlichem Interesse ist, als die Maßnahmen dorthin, würde er quantifizierten Zielvorgaben nicht zu viel Gewicht einräumen. Frankreich hätte trotz hochgesteckter Ziele in den Jahren des Aktionsplans „écophyto“ wenig erreicht. Herr Gira erwähnte, dass mithilfe europäischer Gelder zurzeit ein Projekt zur sogenannten „integrierten“ landwirtschaftlichen Beratung ausgebaut wird. Über die konkrete Form dieser Beratung konnte vorerst keine Auskunft gegeben werden. Eine integrative und ganzheitliche Herangehensweise mit der Einbindung der Akteure aus dem Umwelt- und Landwirtschaftsbereich, inklusive Landwirte, nach französischem Vorbild, wäre an dieser Stelle zu begrüßen. Der Maßstab eines solchen Projektes ist allerdings für dessen Wirkung ausschlaggebend. Es sollte deshalb nicht bei einem bloßen Stellenaufbau bestehender Beratungsstrukturen bleiben. Die „Ekologesch Landwirtschaftsberodung“ ist für den Aufbau eines landwirtschaftlichen Kompetenzzentrums, wo Akteure aus der Landwirtschaft, dem Umwelt- und Naturschutz, des Verbraucherschutz u.a. involviert sind. Eine ganzheitliche Beratung, Arbeitsgruppen und ein Demonstrationsbetriebsnetzwerk sind wichtige Aspekte zur Verbreitung neuer Methoden einer resilienten Landwirtschaft unter Praktikern. Der nationale „Aktionsplan Pestizide“ muss – auch als Diskussionsbasis – quantitative und zeitliche Ziele auf dem Weg dorthin vorgeben.